Gibt ein Sexleben jenseits der Milchstraße? – Teil I

31 Aug

Ich habe gerade unsere zwei WG-Zimmer geputzt.  Erst gesaugt. Dann gewischmoppt. Brav mit Essig im Wasser. Und außerdem noch ein paar übertrieben vielen Tröpfchen dieses sündhaft teuren Zeux:

Ursprünglich mal gekauft für besondere Anlässe. Ihr wißt schon. Jetzt riechts hier wie im Puff, der Schnurps wird wahrscheinlich nachher den Eintritt verweigern & das Vatertier sich besicken (immer für eine taktvollen Geste zu haben, der Gute), aber diese drei Stunden inmitten Schwaden erotisch-sinnlichen (sacht jedenfalls das Packaging) Wohlgeruchs auf sauberem Parkett, die sinds mir wert.

Meine Toleranzgrenze für schnüffelige, schmierige, gelbliche Flüssigkeiten, gleichmäßig verteilt auf Möbeln, Boden, meiner Kleidung und in meinen Haaren (fragt nicht), ist extrem hoch. Herrgöttinnensakra, ich hab‘ ein windelfreies Kind, das in eine neue Phase eingetreten ist. Die „Ich will nicht mehr abgehalten werden, ich kann das alleine“ – Phase. Keinesfalls zu verwechseln mit der „Ich weiß, wo der Hoppopp (=das Töpfchen) steht und laufe rechtzeitig hin, wenn ich muss.“ Stattdessen sieht meine APvangardistische Lebenswirklichkeit so aus: Der Schnurps hat sich eine Pinkelecke auserkoren. Und zwar diese hier:

Direktemang neben meinem Schreibtisch. Meinem Arbeitsplatz. Dem Hauptwohnsitz meiner eh schon mimosenhaften Muse. Dorthin läuft Schnurps beim ersten Zwicken der Blase, setzt sich in den Halblotussitz (nagut, auf jeden Fall sind die Beine angewinkelt), greift sich liebevoll seinen Schniepel und beobachtet dann fasziniert das Austreten seines unter normalen Umständen bemerkenswert geruchslosen Urins. Nach vollendeter Tat fängt er an, aufgeregte Krählaute von sich zu geben & wild auf die Pfütze zu deuten, bis jemand (also: ICH) mit einem Tuch kommt und Boden sowie Füßchen trocken wischt. Dann steht er erhaben auf, grinst selbstzufrieden und trollt sich. I kid you not.Und ich denke natürlich, dass ich das lustigste & ingeniöseste Kind der Welt habe.

Bis heute morgen. Ich weiß nicht, was er gestern zu sich genommen hat (und, ganz ehrlich, ich wills auch nicht wissen), aber sein Pipi riecht wie Pantherpisse. Ein jede Ritze meines atmenden Seins & der Wohnung durchdringender Geruch. Und während ich so hinter ihm herwische, denke ich auf einmal – ich kann einfach keine Flüssigkeiten mehr sehen. Keine Urinpfützen. Kein vom Schnurps in der Wohnung verteiltes Hundetrinkwasser. Keine umgeschütteter Orangensaft. Ich will omnipräsente, trockene Sauberkeit. Wohlgerüche. Ich will ein Sex & The City-Weibchen sein, dass zehn Jahre jüngere Männer (oder Frauen) mit nach Hause bringen kann, deren erster Eindruck ist – Ui, hier riechts aber lecker – und nicht „Haste mal ’ne Wäscheklammer?“.

Ich weiß, es wird gleich vorbei gehen. Ich weiß, ich liebe die Freiheiten, die der Schnurps und ich leben, das Rumsauen beim Essen, das Scheiss-auf-die-Konsequenzen-durch-die-Gegend-tollen, seinen weichen, immer atmen könnenden Po, die Freude, mit der er seinen Körper zelebriert. Aber jetzt gerade, heute, in diesem Moment, will ich einfach mal wieder Frau sein. Und deshalb sitze ich hier, inmitten von Moschus & Amber, und genieße den Moment. Bei einem Tee. Nämlich  Buddha Belly (Katalog letzte Seite) meine momentane Lieblingskräutermischung aus dem wunderbaren Tushita Teehaus (Schwarze Malvenblüten, Melisse, Ingwer & Angelikawurzel – die Natur meint es schon gut mit uns).

Das wahre Problem liegt natürlich woanders. Es liegt in der Tatsache, dass ich überhaupt willens bin, meine olifaktorischen Aphrodisiaka in Putzwasser zu verschwenden. Aber ich bin nicht allein damit. Nun, wo ich aufs Ernsthafteste meine Buchrecherche begonnen habe, die zu einem großen Teil aus Meine-neugierige-Nase-in-die Mütterbefindlichkeiten-anderer-Frauen-stecken besteht, haben sich mir nochmal neue Erfahrungswelten aufgemacht.  Um in diesem speziellen Fall zu illustrieren, was ich meine, habe ich mal einen kleinen Test zusammengestellt. Vielleicht mögt Ihr mir ja folgen in die Untiefen meiner Feldforschung … aber Achtung, es wird ein bißchen feucht(fröhlich) – war ja aber wahrscheinlich klar, denn wo ich bin, da ist: Feuchtigkeit (siehe oben).

Also, ich werf Euch einfach mal rein:

  1. Ist die einzige Substanz in Eurem Haushalt, deren Konsistenz Gleitcreme auch nur entfernt ähnelt, Stadelmeiersche Windelsalbe?
  2. Spielt Euer Schnurps häufiger mit Eurem Schamhaar als sonst wer? (Uuuuhhhh, Tabubruch? Selbstverständlich zuzulassene Neugier oder inzestiöse Früherfahrung? Wie seht Ihr das?) Oder steht es sowieso schon unter Urwaldschutz?
  3. Habt Ihr es aufgegeben, Euch um den optischen/haptischen Zustand Eurer Nippel zu kümmern, weil sie ja eh keiner sieht/abschlabbert außer dem Schnurps?
  4. Ist Euer Liebster ins Wohnzimmer gezogen – NATÜRLICH nur als Ergebnis eines liebevollen Dialoges ob der arbeitsbedingten Praktikabilität dieses Arrangements – ohne dass Ihr sein neues Bett als Liebesnest nutzt?
  5. Ist das einzige Wesen, was im Haushalt Massagen abkassiert, der Schnurps?
  6. Betrachtet Ihr liebevoll die Knutschflecken an Eurem Hals, Resultat eines kleinen, bissigen Missgeschicks während des Tragetuchanlegens, weil die Welt so immer hin denken könnte, Ihr hättet ein Liebesleben?
  7. Habt Ihr mit Eurem Liebsten jemals über die Möglichkeit gesprochen, dass auch eine stillende Brust erotischer Zuwendung bedarf (jawohl, von einem ERWACHSENEN) oder ist Euch der Gedanke selbst zu schräg?

Ich könnte noch stundenlang weiter machen. All dies sind gedachte Gedanken & wirkliche Zustände, manche von mir, manche von anderen, die meisten von mir & von anderen.  Ich denke dieser Tage viel über Sex nach. Sex & Langzeitstillen. Sex & Attachment Parenting. Sex & Alleinerziehen. Weil es ein wichtiges Thema ist. (Warum es ein wichtiges Thema ist, darüber mehr in Teil II dieses Posts. ) Weil ich keinen habe, verdammtnochmal. Nicht, dass es garkeine Möglichkeit dazu gäbe. Aber die Parameter haben sich verschoben. Und ich leide. An meinen eigenen Ansprüchen.  Und ganz viele Frauen, die einen Partner haben, leiden auch. Das weiß ich jetzt, aber da spricht keiner mit Dir drüber. Und deshalb will ich da unbedingt mal drüber sprechen. Nur dass ich jetzt auch noch ein bisschen Geld verdienen muss, in denen Zweieinhalbstunden Bordellatmo, die mir noch bleiben. Also, Ihr seid gewarnt ob des Kommenden.

Im übernächsten Post gibts dann wieder Muffinrezepte – ich habe ZwetschgenMuffatschis erfunden & die genialste vegane Cupcakecreme aller Zeiten gemacht. Wer also keinen Bock auf das schlüpfrige Zeux hat, der weiß jetzt, wann sie_er wiederkommen kann 😉

7 Antworten to “Gibt ein Sexleben jenseits der Milchstraße? – Teil I”

  1. ba3by September 4, 2012 um 18:52 #

    es traut sich anscheinend niemand was zu schreiben.
    also zum Thema Alleinerziehend kann ich nichts sagen, aber ich habe 3 Kinder langzeitgestillt(3,5 2,5 und noch mal gut 3 Jahre) und ja ich/wir haben laaaaange gebraucht bis wir wieder beide lustvollen Sex hatten, und der Weg dahin war keine jahrelange Askese, sondern immer wieder ungestörte Zeit nutzen und anfangen. Anfangs mehr mechanisch, aber ab und zu ist ein Funke übergesprungen. Wir haben gelernt mit unseren Verletzungen umzugehen, zu vergeben(Tschuldigung klingt sehr pathetisch) und wieder und wieder von vorn anzufangen.

    • ECObabe September 4, 2012 um 22:26 #

      Danke, dass Du diese Erfahrung teilst. (Lustig, ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Satz mal woanders hören würde als in amerikanischen Selbsthilfegruppen-Sitcoms, geschweige denn ihn selber sagen, aber Tatsache ist: Ich bin wirklich jedesmal tief dankbar, wenn so ein Ausschnitt Leben seinen Weg hierher findet.Wenn wir alle nur mehr noch mehr Netzwerken würden, Erlebtes austauschen, wieviel besser würde es uns gehen.) Du hast echt neun Jahre Deines Lebens mit Deinem Körper andere Wesen versorgt. Wahnsinn. Ich verneige mich.

      Vergeben klingt überhaupt nicht pathetisch (und außerdem: kein Grund, sich für Pathos zu entschuldigen; wir müssen auch den Schnurpsen beibringen, große Gefühle nicht kleinschweigen zu wollen, sondern sie zu leben – die fürchterliche Neigung, sich für Emotionen zu entschuldigen, grrrrr, Schluss damit!). Vergeben zu können ist ein großer Schlüssel zum Glück, nicht nur für uns selbst, auch für unsere Kinder – besonders dann, wenn unser inneres Kind den Menschen, die es verletzt haben, vergeben lernt. Ist dem nicht so, übertragen wir diese unaufgelösten Verletzungen 1 zu 1 auf unsere Schnurpse, und das, ohne es überhaupt zu merken.

      Aber was mich eigentlich berührt, ist die Idee des Immer-wieder-von-vorne-Anfangens. Egal, wieviel ich noch schreiben werde dazu in meinem zweiten Teil (der deshalb solange auf sich warten lässt, weil er mich gegen meine eigenen uneingestandenen Tabus rennen lässt), eigentlich läuft es doch immer wieder auf diese Apfelbäumchen-pflanz-vor-Weltuntergang-Taktik hinaus: Einfach die Hand ausstrecken und es probieren, auch wenn es fast zu schwierig erscheint, auch wenn Mensch hundemüde ist und eigentlich wieder nur noch ins Bett fallen will, auch wenn der eigenen Körper sich garnicht mehr wie der eigene Körper anfühlt, trotzdem. Und genauso ist es ja auch ansonsten: Wenn ich dem Schnurps irgendeine Qualität mit auf den Weg geben kann, dann hoffentlich die eines Steh-Auf-Männchens. Weil es sich immer lohnt, zu kämpfen, auch um die Rückkehr der Erotik.

  2. meraa September 5, 2012 um 18:14 #

    schon ein sehr intimes thema. aber weil ich so gern von dir lese, schreib ich jetzt doch mal was :).
    ich empfinde das auch als prozess. ich schiebe es bei mir eher auf die erschöpfung als (allein) aufs stillen, dass fast ein jahr lang nach der geburt die lust ausblieb. denn jetzt kommt sie so langsam wieder, obwohl nach wie vor tag und nacht nach bedarf (und in rauhen mengen) gestillt wird.
    mein partner hat jedenfalls keine probleme mit meinen stillenden brüsten, im gegenteil 😉 – und ich finds auch nicht schräg, sie nicht ausschließlich zur ernährung des wunderwesens zu benutzen.
    wir finden jedenfalls ab und an in einer mittagspause mal zeit, uns wieder langsam an unsere gegenseitigen körper heranzutasten. und weißt du was? ich hab eine solche panik vor einer erneuten schwangerschaft, dass das seeehr langsam sein wird. nicht dass die erste nicht gewollt gewesen wäre. aber sehr sehr anstrengend war´s, ich war praktisch flachgelegt und könnte mich einfach nicht annähernd so um mein schon vorhandenes kind kümmern, wie ich es tue und weiterhin tun will – wenn es wieder so eine schwangerschaft würde. abgesehen davon, dass ich mir grad nicht vorstellen mag, mich noch einmal in meinem leben so elend zu fühlen.

    • ECObabe September 5, 2012 um 20:16 #

      Dankeschön. Ich denke gerade drüber nach, was Du geschrieben hast und nehme mir noch ein bisschen Zeit, drauf einzugehen, ja ?!

  3. meraa September 6, 2012 um 02:11 #

    ach, und vergessen: der kleine mensch darf bei mir zur zeit alles anfassen, auch das schamhaar. aber lustigerweise hab ich mich auch kurz gefragt, ob das schräg ist. ich finde, eigentlich nicht. so ganz unintellektuell aus dem bauch raus.

    • ECObabe September 6, 2012 um 15:36 #

      Ich finds auch lustig. Und ein bisschen ziepig 😉 Heute morgen war Schnurps mit im Bad, hat erst kontemplativ nach oben geschielt, ist dann rausgerannt & kam freudestrahlend mit seiner Ziegenhaarbürste wieder, aufs wildeste entschlossen, jetzt mal Ordnung ins Chaos zu bringen. Und ich meine nicht das Krähennest auf meinem Kopf. Ich konnte nicht mehr. Des Vatertiers bestes Stück stubst er abwechselnd mit seinem durch die Gegend und muss dabei laut glucksen (ich bin nicht dabei, wäre ja auch irgendwie weird, ob der getrennt gegangenen Wege, und versuche, es mir nicht bildlich vorzustellen. Ergebnislos, natürlich). Ich sach mal, so ab, hm, dreieinhalb würde bei mir wahrscheinlich ein ungutes Bauchgefühl einsetzen. Ob das korreliert, das Abstillen und die Scham? Interessanter Gedanke.

  4. kraehenmutter September 11, 2012 um 18:58 #

    für mich viel interessanter: woher in aller welt hast du bitte sexgelegenheiten?!?
    ganz ehrlich, ich MUSS es wissen, denn ich will auch wieder welche!

    isses der kassierer bei aldildl? der briefträger?
    oder denke ich zu heteronormativ (gibts das wort?) und du hast heiße flirts mit den muttis aufm spielplatz?

    zu den restlichen positionen meine meinung: ich hab keine, denn alles genannte (bis auf die windelcreme) kenne ich nur noch aus grauer vorzeit.
    damals, als ich mich noch um die beschaffenheit meiner körperbehaarung kümmerte.
    und nein, es tut scheiße-weh an den schamhaaren geziept zu werden, daher angucken: ja, anfassen: nö.

    und nun raus mit der sprache: wo sind all die heißen typen? (außer da, wo ich nicht bin – das weiß ich…)

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